Zeitweilige Übergangsregelung für die ständige Teilnahme am CSD! (Teil 6: Streitfälle)

21/11/2014 — Hinterlasse einen Kommentar

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Abschnitt 6

§ 7. Regelungen für Streitfälle

 

Die CSD-Streitigkeiten der Jahre 2012 und 2013 bieten einen Vorgeschmack auf das in Zukunft zu Erwartende. Zur Erklärung für alle, die sich gerade zugeschaltet haben und für unser internationales Publikum via 3Sat, das die bisherigen Staffeln des berühmt berüchtigten Mini-Dramas „CSD Berlin – das Debakel“ verpasst haben, hier die Zusammenfassung.

2012 wurde vom CSD e.V. eine neue Route (vom Kottbusser Tor in Kreuzberg über das Berliner Abgeordnetenhaus, Russische Botschaft, Bundestag zum Brandenburger Tor) festgelegt. Die Empörung und der Shitstorm waren gewaltig: Nie zuvor und nie wieder erreichten uns so viele Beschwerde-E-Mails, Nachrichten und Messages von „gewöhnlichen“ (d.h. nicht organisierten) Homosexuellen, wie damals. Die meisten Beschwerdeführer waren männlich und lebten in Schöneberg, rund um dem Nollendorfplatz, wo die CSD-Route 2012 ausnahmsweise nicht vorbei führte. Seitdem weiß der ahnungslose Berliner CSD e.V., dass sechs Stationen mit der U-Bahn vom Nollendorfplatz (mit der U1 zwölf Minuten ohne Umsteigen) eine Zumutung für den schwulen Schöneberger Durchschnittsdemonstrierer sind, dass Kreuzberg eigentlich in Argentinien liegt (Pampa) und es dort nur uninteressante oder brandgefährliche Nebenstraßen gibt, wo der sichere Tod – in Form tödlicher Langeweile oder durch den homophoben Mob – lauert. Der CSD war trotzdem gut besucht und die Stimmung entlang der Strecke besser als am Ku’damm, weil die Bewohner_innen an dem für sie „neuen Happening“ interessiert waren. Hier wurden auch neue Bevölkerungsschichten erreicht und vermutlich sogar bei dem/der einen oder anderen politisch etwas bewegt, was bei manchen abgegessenen Ku’damm-Läden, die sich darüber beschweren, dass während der Parade keine Kundschaft zu ihnen kommt, nicht der Fall ist.

Entgegen der Unkenrufe gab es beim CSD durch Kreuzberg auch keine Toten, sondern damals wurde dank unserer Sanitäter und der umsichtigen Berliner Polizei am 23. Juni 2012 gegen 13 Uhr in einem Kleinwagen das erste bundesweite CSD Baby geboren: ein Jung-Berliner mit Migrationshintergrund, dessen Eltern auf dem Weg ins Kreuzberger Krankenhaus auf der Gegenfahrbahn der Paradenroute im CSD-üblichen Stau steckten. Der Kleene wollte wohl unbedingt was von der Parade mitkriegen und nicht auf den sterilen Kreißsaal warten! Ich gratuliere dem türkisch-stämmigen CSD Bürger nochmals aufs Herzlichste!

 

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2013 wurde wieder die tradierte Route vom Ku’damm über den Nollendorfplatz, CDU-Parteizentrale, Siegessäule bis zum Brandenburger Tor gewählt, dafür wurde die CDU ausgeschlossen. Da war die Empörung aus der Politik enorm. Alle Parteien, selbst Grüne und Linke solidarisierten sich mit der CDU – die Piraten blieben in ihrem Entscheidungsprozess stecken und leisteten sich den Luxus keiner eindeutigen Meinung. Zur Erinnerung: die CDU ist die Partei, die durch ihr Parteiprogramm, ihr Abstimmungsverhalten, ihr Handeln und ihre Aussagen in der Öffentlichkeit selbst vom Bundesverfassungsgericht angeordnete gesetzliche Gleichstellung verhindert; ach ja, und es ist die Kanzlerinnenpartei. In trauter Einigkeit betrieben die Vertreter_innen von CDUSPDFDPGRÜNENLINKE in einer Reihe von Podiumsdiskussionen, Presseaussendungen, E-Mails und Messages die Täter-Opfer-Umkehr: Das böse Politbüro des CSD wagt es, einer demokratischen Partei ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit abzusprechen; wegen dem bisschen Diskriminierung hierzulande, wo es doch anderswo – vor allem in Afrika und beim bösen Ivan – viel schlimmer ist. Gleich beide deutschen Diktaturen mussten für unsägliche CSD-Vergleiche herhalten: das „Politbüro“ des Berliner CSD e.V. wurde ideologieübergreifend als „Gesinnungsdiktatur“ mit dem „Horst-Wessel-Lied“ bedacht und die Ausschlussentscheidung von Parteivertretern mit der „Bücherverbrennung“ gleichgesetzt.

Der Großteil der „gewöhnlichen“ Homosexuellen hingegen klatschte laut Beifall. Noch nie bekam der CSD e.V. so viele Unterstützungsmails. Eigentlich bekam der CSD kaum je Unterstützungsmails – bis zum CDU Ausschluss 2013. Dafür war bei diesen Unterstützer_innen die Enttäuschung groß, als ein Wagen der Lesben und Schwulen in der Union mit drastischen Werbebeschränkungen für CDU-Inhalte mitfuhr (so wie der „Ausschluss“ vom CSD e.V. von Anfang an geplant und in allen Pressemitteilungen, Podiumsdiskussionen und Nachrichten kommuniziert wurde).

 

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Die Zuschauer_innen im WDR-Sendegebiet konnten derweil bei dem gleichnamigen Eventformat in der Großstadt neben der ehemaligen Bundeshauptstadt live mitverfolgen, dass für (un)demokratischerere Parteien wie Pro Köln selbstverständlich andere Standards gelten als für die Kanzlerinnenpartei. Als der Berliner CSD e.V. die CDU rauswarf, kam sofort Kritik vom Kölner CSD und der Kölner Demoleiter tönte in die WDR-Kameras, dass am Rhein kein Jeck ausgeschlossen werde. Das muss Pro Köln wohl als Einladung missverstanden haben, meldete einen Wagen an und flog – nach öffentlichem Streit in der Kölner Community – raus, Jeck hin oder her.

 

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